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Paulus im Kasten: Der Rhönlegende auf den Fersen



Thüringer Trachtenjugend zum zweiten Mal auf Sagentour

Die Beschäftigung mit der Figur des Rhönpaulus ist die zweite in der Reihe der Ferienaktionen an der Thüringer Trachtenjugend, die unter dem Motto „Thüringer Sagen“ steht. 2012 war dazu das erste Projekt zu Frau Holle und den Hörselbergen gelaufen. Auf Vorschlag unseres Rhöner Trachtenfreundes Frank Hößel aus Kaltenlengsfeld ging es in den Osterferien eine Woche lang ins  Schullandheim Fischbach in der Rhön und damit in das ehemalige Hauptwirkungsgebiet des Paulus. Das war Anlass genug, sich auch kriminalistisch und räuberisch zu betätigen, natürlich nur hobbymäßig. Fähigkeiten wie Fährtensuche, Knoten und ein Räubermahl bereiten, wurden geübt und machten viel Freude.

Ein Bild vom Paulus konnte man sich dann während der Wanderung nach Dermbach machen. Im Ibengarten bei Glattbach hatte er seine Höhle, und das ist sicher auch der Grund, warum ihm gerade dort eine Holzstatue vom Bildhauer Manfred Bellinger als Denkmal gesetzt wurde. Eine Gans und ein voller Geldbeutel weisen auf seine Räubertätigkeit hin. Die erste bekannte Sagenüberlieferung in Bezug auf Paulus hat übrigens  mit Glattbach zu tun, der Räuber bemächtigte sich dort eines Geldbeutels, den ein Bauer aus dem Fenster gehalten hatte. Später wurde er noch dadurch bekannt und beliebt, dass er seine Beute mit denen teilte, die Not litten und nicht auf der Sonnenseite des Lebens standen.


Das historische Original?

Besonderes Interesse erregte bei allen Kindern der Pauluskasten. Schon auf dem Dorfplatz in Glattbach zeigt ein Modell des Kastens, wie der Räuber 1780 zur Hinrichtung gefahren wurde. Im Heimatmuseum Dermbach steht der wahrscheinlich echte Pauluskasten, der die Jahrhunderte im Thüringer Museum in Eisenach überdauert hat. Auch hier waren einige so mutig, ihn auszuprobieren. „Wenig angenehm“, so war das einhellige Urteil. Der Räuber erschien den damaligen Vertretern von Recht und Gesetz so stark und mächtig, dass sie ihn wegen seiner Leibes- und Zauberkräfte nur mittels dieses Kastens in Schach halten konnten. Ein extra eingeschobener Holzboden verhinderte, dass die Füße des Delinquenten den Boden berührten, denn dann hätte er sich vielleicht freizaubern können.

Neben dem Räuber nahmen die Kinder noch ein paar andere typische Rhöneindrücke mit. Allerorts faszinieren die reich geschmückten Osterbrunnen, so unter anderem in Neidhartshausen, Dermbach und Kaltennordheim. Auch das geflügelte Wort vom „Land der offenen Fernen“ war erlebbar. Hinter jeder Wegbiegung tat sich ein ganz neuer faszinierender Ausblick auf, zum Beispiel auf die Barockanlage der Propstei Zella (Röhn).


Der Kerker im Schlossturm

Einen Blick in das Verlies, in dem der Paulus gefangengehalten wurde, gewährte man uns im Heimatmuseum Kaltennordheim. Das gab Anlass zu zahlreichen Diskussionen. In verschiedenen Versionen der Sage wurde und das Gefängnis als so klein geschildert, dass der Paulus nicht darin stehen konnte. Es zwar zwar auch wirklich ziemlich klein, aber weit über zwei Meter hoch. Im Buch über den Rhönpaulus steht, dass es ein großes Gewölbe war. Wer weiß? Es gab schließlich im Schloß Kaltennordheim noch viele andere Keller, in denen Gefangene gehalten wurden. Vielleicht wurde es im Laufe der Jahrhunderte verändert? Schaurig auf jeden Fall die Vorstellung, dass die Gefangenen hier ohne Fensterscheiben bei Wind und Wetter ihr ödes Dasein fristen mussten. Und dann noch der Geruch und die Spinnen!


Sympathie für den alten Räuber

„Ein bisschen war der Paulus doch so wie Robin Hood. Er hat geklaut und alles dann mit den Armen geteilt, das ging doch eigentlich in Ordnung.", so resümierte der sechsjährige Hannes am Ende der Ferienaktion. Damit hat er den Nagel wohl auf den Kopf getroffen. „Und so einen kalten März müssen wir uns auch merken.“, so ergänzte Jenny. Der kalte Wind, der beim Wandern ins Gesicht schlug, schmerzte schon hier und da ein klein wenig. Aber mit Melkfett, Schal, Mütze und Handschuhen konnte garantiert immer Abhilfe geschaffen werden.
Das Schullandheim in Fischbach bot beste Bedingungen für unsere Maßnahme und das leckere Essen wird uns noch lange gut in Erinnerung bleiben. Ein Dank an Horst Hößel und sein Team.

Dirk Koch


 
 
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